Samstag, 9. April 2011

Warum Ubuntu gut für Linux ist

Nein, hinter diesem zugegebenermaßen sehr schwammig formulierten Titel steckt kein Artikel über Lizenz-Ideologien (Debian vs Ubuntu) und bezahlte Mitarbeiter (Canonical), sondern eine kleine Einschätzung meinerseits, warum das Ubuntu-Projekt vor allem in den Clientversionen durchaus eine Bereicherung für unixartige, insbesondere für linuxbasierende Systeme ist.
Ich gehe hier bewusst nicht auf andere populäre Distributionen wie Fedora und SuSe ein, da ich den Ubuntu-Effekt heutzutage am deutlichsten finde. Außerdem bleibe ich eher im Home-Bereich, da im Serverbereich noch ganz andere Faktoren mit reinspielen.
Ich habe schon oft gelesen, dass Ubuntu den “Spirit”, die “Demokratie” oder das Gleichgewicht der Linuxsysteme gefährde oder ruiniere. Dies hat meiner Ansicht nach folgende Gründe:
  • Ein Bruchteil sieht wirklich eine realistische Gefährdung der weiteren Entwicklung GNU/Linux bzw Unix – es sei dahingestellt, ob es wirklich so ist
  • Ein großer Teil hingegen betrachtet den großen Ansturm von 08/15-User auf Ubuntu als Entwertung ihrer eigenen Coolness/Nerdhaftigkeit/Sonderstellung, da nun Millionen von Leuten ohne großes Fachwissen von sich behaupten können, Linuxuser zu sein
  • Auch Neid mag eine Rolle spielen, vor allem vonseiten jener Entwickler, die komplett freiwillig und ohne finanzielle Entlohnung für GNU/Linux programmieren und entwickeln. Immerhin verdienen die Canonical-Entwickler sicher einen schönen Betrag
  • Weitere Negativargumente sind zudem das Verwenden unfreier Software/Symbole (z.B. Flash, Mozilla) und der riesige Batzen an Software sowie ein prall gefülltes Gnome mit einem recht lieblichen Design – aber das zähle ich mal zu den persönlichen Ansichten.
Ich selbst bin kein wirklicher Ubuntu-Fan, aber nach einiger Erfahrung mit anderen Distributionen und Kunden, die auf ein Linuxsystem gewechselt sind, kann ich sagen, dass ich froh darüber bin, dass es Ubuntu in seiner Rolle als “Einsteigerdistri” gibt. Warum?
Ganz einfach: Weil ich GNU/Linux liebe. Ich stehe auf freie, kostenlose Software, das Open Source-Prinzip, die Entwicklergemeinschaft, die Informationskanäle und die Möglichkeiten, Einfluss auf die Entwicklung zu nehmen. Ich mag das Arbeiten mit einem solchen System, weil ich viel mehr Einblick haben und die Systematik besser verstehen kann.
Aber ich muss genauso sagen, dass ich nie so weit ohne Ubuntu gekommen wäre, die erste Linux-Distribution, die ich verwendet habe. Es war einfach von Anfang an alles dabei, was man so braucht: Editoren, Browser, Mailprogramm, Dateimanager, Packprogramm, IRC-Client, IM-Messenger und so weiter und so fort. Mir wurden keine Paper und manpages an den Kopf geworfen,  ich musste nicht in die Shell, keine Konfigurationsdateien durchblättern, sondern konnte einfach – wie von Windows gewohnt – User sein, das ganze als reines Werkzeug sehen, als Mittel zum Zweck.
Aber ich blieb nicht faul, denn irgendwann stieß ich auf ein paar Probleme, die ein bisschen Detailarbeit erforderten und mich zwangen, viel grundlegendere Funktionen zu benutzen und zu verstehen und das ubuntuusers-Forum half mir dabei, denn da stand einfach alles, was nötig war. Nur so war es mir möglich, die Basics behutsam zu lernen und mich in meine späteren Informationskanäle (Wikis, manpages, Dokus, Google)  und Werkzeuge einarbeiten zu können, die mir meinen heutigen Wissensstand ermöglicht haben.
Nun schließt sich der Kreis, denn ich möchte diesen enormen und erfreulichen ganz-nebenbei-Wissenssprung anderen Leuten nicht vorenthalten und zudem helfen, die Userschaft zu vergrößern, damit auch die Philosophie in der Masse der PC-Anwender Gehör findet. Aber die Erfolgschancen wären schwindend gering, wenn ich z.B. jedem potenziellen User ein minimal Debian/Arch vor den Latz knallen müsste – da fehlt es vielen an Anreizen, Zeit und und vor allem Motivation, denn der Unterschied zu den altbekannten Windows-Systemen ist beachtlich.
Und hier setzt Ubuntu an: Es liefert ein Linuxsystem für Einsteiger mit komfortabler Oberfläche, schickem Design, allen nötigen Programmen, Paketmanager-GUI und großen Hilfen durch Forum und Wiki – da sind doch ein paar Lizenzstreitigkeiten und bezahlte Entwickler (die den Einstiegsusern eh total egal sind) sowie die Schaffung eines regelrechten Hypes vollkommen schnurz! Ein Linux-User mehr, und sei es nur durch ein Dualboot-Sytem, bereichert die Community und die Verbreitung der Philosophie. Nur mit einer großen Nutzerzahl lassen sich auch Änderungen im großen Stil durchsetzen: Komplette IT-Anlagen von großen Firmen auf Grundlage von GNU/Linux/Unix, Akzeptanz von Open Source und freien Lizenzen (zB GPL), Öffnung der Softwareentwicklung auch auf freiwillige Programmierer, Durchsetzen von freien Standards und so weiter.
Nicht jedem muss die Optik/die Funktionalität von Ubuntu gefallen, aber das Ziel und die Chancen, die es bietet, sollten doch auch für jeden GNU/Linux-Hardliner prinzipiell akzeptabel sein – oder was meint ihr?

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